Astroblog

Zweites First Light

Erla’s Vater hatte ihr einen 102 mm/1000 mm Refraktor von Bresser hinterlassen, mit Stativ, Montierung und so weiter. Nachdem die einzelnen Komponenten nach längerer Zeit endlich hier vor Ort eingetroffen waren, hatten wir bereits im letzten Jahr Bilanz gezogen und konsterniert festgestellt, dass die Schellen fehlen. Also die Teile mit denen der Tubus an der Montierung befestigt wird. Erla und ich sind beide sicher, die Schellen gesehen zu haben, allein sie verstecken sich.

Gestern nun tauchten sie wieder auf, und da der Himmel halbwegs klar ist (und Jupiter immer noch in Opposition) tragen wir alle Einzelteile zusammen und bauen auf. Das dauert eine Weile, erfordert etwas Improvisation (die Schrauben die den Okularauszug am Tubus befestigen sollen fehlen, und wir müssen in einer Sammelbox wühlen um Ersatz zu finden), und bis das Ganze dann endlich im Vorgarten steht, sind die Wolken über den Planeten hergefallen und verhindern den ersten Einsatz, und das First Light für diesen Tubus für uns.

Heute hingegen, trotz regnerischen Wetters, ist die Vorhersage sicher: Ab ca. 22 Uhr bis 4 Uhr soll es klar sein. Kein gutes Seeing, viel Turbulenz, aber für einen fetten Planeten wie Jupiter gut genug. Ich sammle also ein paar Teile zusammen, wir tragen das Gerät raus, und ohne großes Einnorden setze ich das Rohr auf Den Dicken an. Wegen der hellen Straßenbeleuchtung kann ich den Polsucher sowieso nicht nutzen. Jupiter aber erscheint herrlich klar im Okular. Ich gehe durch mehrere Vergrößerungsstufen, erfreue mich an der wunderbaren Illustration der Erdrotation (die Montierung ist nicht motorisiert, also muss ich von Hand nachführen), und stelle fest dass der Große Rote Fleck ausnahmsweise mal sichtbar ist. Die ersten fünf Jahre meines Lebens als praktischer Astronom hatte er sich immer versteckt. Der Grünfilter erhöht den Kontrast erheblich, und nach einer Weile werde ich größenwahnsinnig und setze bei bereits aufkommendem Nebel und plötzlich auftretendem regem Automobilverkehr auf den Orion-Nebel um, zum Teil auch um die Funktion eines Lichtpunkt-Suchers zu demonstrieren.

Die Demonstration ist erfolgreich, M42 matt im Bild, und ich krame den UHC-Filter heraus. Das Ergebnis ist beeindruckend klar. OK, das war zu erwarten, aber nach so langer Zeit ohne praktische Anwendung ist selbst so ein kleiner Erfolg für diesen Hobby-Astronomen ein Bisschen ein Ereignis. Anders ausgedrückt: Ich bin wieder da!