Astroblog

Des Kometen zweiter Teil

Nachdem am Abend über den Email-Verteiler der Sternwarte Lübeck ein paar Nachrichten kommen von Leuten, die zum Beobachten heraus fahren wollen, mit dem Zusatz dass das Ziel westlich von Lübeck sein sollte um die Lichtglocke der Stadt nicht im Vordergrund zu haben, schreibe ich selbst einen Vorschlag: Den Zufahrtsweg zum Truppenübungsplatz Wüstenei bei Eckhorst. Dort hatte ich vor zwei Wochen schon einmal versucht, den Kometen zu fotographieren, und die Strecke ist vom Schnee geräumt.

Die Antwort ist, dass die Aktiven sich schon am Ort einer früheren Außenstation der Sternwarte bei Fliegenfelde verabredet haben, aber vielleicht nachkommen wollen. Ich denke mir, viel hilft viel und werfe das C11 mit Zubehör in den Kofferraum und fahre raus in Richtung Eckhorst. Auf halbem Wege fällt mir auf, dass ich mein Rotlicht zu Hause vergessen habe, aber nun ist es zu spät. Vor Ort angekommen, fällt mir auf dass ich vergessen hatte Starry Night auf Sommerzeit um zu stellen und deswegen eine Stunde zu früh vor Ort bin. Hurra.

Teleskop vor AutoIch nutze das ursprünglich nicht ein geplante Tageslicht, um gemütlich auf zu bauen und beobachte, wie die Sonne hinter einer Baumreihe versinkt; die Montierung wird mittels im Smartphone eingebautem Kompass grob nach Norden aus gerichtet. Dann halte ich Ausschau nach Jupiter, was das erste Objekt am Himmel sein dürfte. Das dauert naturgemäß eine Weile, aber zu der Zeit, zu der ich eigentlich erwartet hatte, den Kometen in den Bäumen zu verlieren, sehe ich den Planeten und nutze ihn, um die Montierung grob auszurichten. Ein Blick durch den Sucher zeigt mir, dass der nordwestliche Horizont noch viel zu hell ist. Als Orientierungspunkt für PANSTARRS C/2011 L4 ist zur Zeit M31 (die Andromeda-Galaxie), in deren direkter Nähe er zu sehen sein sollte. Im Gegenlicht des Sonnenuntergangs ist es natürlich völlig aussichtslos, die Galaxie zu finden. Immerhin, der Komet soll noch Magnitude 4,8 haben. Bei guter Dunkelheit ist er damit als kleiner Lichtpunkt mit bloßem Auge sichtbar.

Während der Dämmerung ruft einer der Kollegen von der Sternwarte bei mir an und teilt mir mit, er sei bei Fliegenfelde angekommen und warte auf den anderen Kollegen; er werde wieder anrufen, sobald der da sei. Ich selbst beginne, die ersten Sterne am Himmel zu erkennen, auch wenn die Dämmerungsphase gefühlt drei Ewigkeiten anhält. Ich sehe mir Jupiter durch das Teleskop an; bei kleineren Vergrößerungen ist der Dicke unglaublich klar und scharf zu sehen, mit allen vier Galileischen Monden. Das genieße ich eine Weile, dann versuche ich, ein paar Fotos davon zu schießen. Geht auch, aber die Begrenzungen der Möglichkeiten der „dicken“ Kamera unter den gegebenen Bedingungen werden gnadenlos aufgedeckt: Es ist noch viel zu viel Restlicht; die längeren Belichtungen zeigen eine Art Lichttunnel zum Objekt.

Langsam wird es dunkel am nordwestlichen Horizont, und ich versuche zunächst vergeblich, den Kometen zu finden: Die Montierung ist offensichtlich noch zu ungenau eingestellt. Ich warte noch etwas ab bis ich Polaris klar sehen kann und norde die Montierung dann genauer ein, als ich es mittels Jupiter konnte. Wo ich gerade das Teleskop auf einen hellten Stern gerichtet habe, benutze ich auch die Bahtinov-Maske, um das Teleskop für die Kamera scharf zu stellen: Das erste Mal, dass ich das konsequent durchmache. Bei der vierten Einstellung beschließe ich, dass es nicht besser geht und ziele wieder auf M31. Immer noch nichts zu sehen. Ich fahre das Teleskop mittels des Sucherrohrs etwas in der Umgebung der theoretischen Position der Galaxie herum, als ich durch das Licht eines VW T4 geblendet werde. Das Fahrzeug fährt an mir vorbei in die militärische Sperrzone. Im Gefolge schnüffelt ein Hund etwas herum, ist aber dabei sehr höflich und bleibt mir fern.

Erster Anlauf Zweiter Anlauf Dritter Anlauf Heute wird’s nicht besser…
Star through Bahtinov mask Star through Bahtinov mask Star through Bahtinov mask Star through Bahtinov mask

KometIch habe nach einigen weiteren Minuten endlich ein diffuses Objekt im Sucher, als der VW-Bus zurück kommt und hinter mir anhält. Der Fahrer fragt mich, was ich denn hier mache. Ich erkläre ihm, dass ich einen Kometen zu fotographieren versuche und das Fahrlicht seine Fahrzeugs mir das unmöglich macht. Er erklärt mir dass er der Inhaber des Jagdreviers ist in dem ich mich befinde, und keine Ahnung von Astronomie hat. Aber wenn ich eine Genehmigung für einen anderen Aufstellort brauche, dann solle ich ihn kontaktieren. Ich bedanke mich — das könnte mir die Möglichkeit geben, in das Sperrgebiet zu kommen. Der Jäger und sein Hund ziehen weiter, und ich habe eine Ahnung wo sich der Komet verstecken könnte. Tatsächlich: Nach nur kurzer Suche habe ich einen diffusen Fleck im Sucher, der entweder M31 sein könnte, oder der Komet. Ich halte mit einer 20-Sekunden-Belichtung drauf und bin begeistert. Es ist der Komet. Den fotographiere ich nun mit verschiedenen Belichtungs- und ISO-Einstellungen, um ein gutes Bild zu bekommen. Am Ende mache ich eine Serie von Aufnahmen bei 30 Sekunden mit ISO 800, die ich später stacken will.

KometNachdem der Komet dem Horizont immer näher kommt, halte ich noch einmal mit ISO 1600 drauf, wohl wissend dass das ein starkes Rauschen im Bild zur Folge haben wird, aber das ist mir egal, ich bin glücklich, endlich den Kometen ernsthaft im Bild zu haben. Mittlerweile ist es empfindlich kalt, aber der Erfolg mit dem Kometen gibt mir die Energie, es mit ein paar anderen Klassikern zu versuchen. Ich setze um auf M42, den Großen Orion-Nebel. Auch hier schieße ich eine Serie von Fotos, in der Hoffnung davon ein paar gebrauchen zu können. Nach 11 Fotos schaue ich mittels Pocket Universe, wo sich verschiedene Kugelsternhaufen befinden, stelle fest dass M5, noch nicht sichtbar ist, und versuche es mit M3. Dabei entrinne ich nur knapp den Bäumen, habe aber klare Sicht. Theoretisch. Ich stelle leider erst später fest, dass mittlerweile die Korrektorscheibe meines Teleskops beschlagen ist. Entsprechend ist das Bildmaterial recht diffus.

Messier 42Nachdem auch der Sucher komplett beschlagen ist, fange ich an ab zu bauen; dabei werden meine Hände noch einmal extrem kalt, weil ich für die feineren Arbeiten schlicht keine Handschuhe tragen kann. Ich packe alles ein, fahre nach Hause und fluche, weil alle Parkplätze in der Nähe meiner Wohnung belegt sind. Ich fahre zunächst auf den Garagenhof des Nachbarhauses, um meine Ausstattung in den Keller zu tragen (da ist ein Durchgang zum Hintergarten meines Hauses), und bis ich damit fertig bin, ist auch ein brauchbarer Parkplatz frei.

Es ist noch etwas Zeit bis ich online erwartet werde, daher sichte ich die Fotos und bearbeite, was zu bearbeiten ist. Ein gutes Bild vom Kometen wird anschließend Freunden online vorgestellt, mit der nachfolgenden Bitte um Mehr. Ich verschicke die „große“ Version an ein paar Leute. Die Aufnahmen von M42 sind in Ordnung, aber nicht überwältigend; ich bearbeite sie später und versuche das Maximum heraus zu holen. Bereits während dieser Serie muss das Teleskop beschlagen haben; es ist von Aufnahme zu Aufnahme weniger Detail sichtbar. Schade eigentlich, ich hatte da noch etwas vor gehabt. Ich mache das Beste draus, was nicht gerade überragend ist, wie sich der werte Leser ansehen kann. Die Serie von M5 ist schlicht nur noch Matsch.

Trotz der Fehlschläge: Allein die Fotos vom Kometen waren das Frieren und die Zeit wert. Bei nächster Gelegenheit wird das Ganze wiederholt.